Nachher kommt meine beste Freundin vorbei. Wir gehen in den Ausgang. Ob wird das Tanzbein schwingen werden, weiss ich noch nicht. Was ich auch nicht weiss, ob ich ihr von meinem gestrigen Erlebnis erzählen soll. Wie ich sie kenne, kann sie nicht auf ihrem Mund sitzen und wird es brühwarm Falvias Vater erzählen, und der ist ja so eifersüchtig. Südländer halt.

Gestern Abend wurde ich kurzfristig vom Nachbarn eingeladen. Ich habe nämlich sturmfrei, Frank ist mit Kollegen auf einer Töfftour. Ich habe meinen Nachbarn beim Nachhausekommen angetroffen und ihm erzählt, dass ich allein sei. Er meinte, er sei auch Strohwitwer und ich solle doch zum Nachtessen rüberkommen.

Er hat ein Fenchelrisotto mit einer Wurst gekocht. Wie die Wurst genau heisst, weiss ich nicht, aber sie hatte einen penetranten Geschmack, irgendwie nach Plastik. Ich habe nichts gesagt. Man ist ja höflich, dafür habe ich das Essen mit viel Wein runtergespült. Der Nachbar aber auch, und dementsprechend waren wir nach dem Essen ziemlich angeheitert. Wir haben uns prächtig unterhalten, wie zu alten Zeiten.

Als ich mich dann so gegen Mitternacht verabschiedete, wollte er mich auf den Mund küssen. Ich konnte gerade noch den Kopf drehen, so hat er nur die Wange erwischt. Schliesslich habe ich ja Flavias Vater. Und dann zur Krönung, hat er mir tief in die Augen geschaut und gesagt: "Ach, Marta warum willst du mich nicht?" Mein Herz fing an zu pochen wie wild, und ich wurde rot. Da hat er angefangen zu lachen. Da bin ich gegangen. Was hat das jetzt wieder sein sollen? Er wollte ja nicht! Ich bin ganz durch den Wind. Ich dachte, das Kapitel sei abgeschlossen.

Seit ein paar Tagen habe ich ein Messer im Rücken. Jedenfalls fühlt es sich so an. Der Schwiegermutterdrachen wohnt jetzt wieder bei sich zu Hause. Ich habe ihren Koffer, der mindestens 50 kg wog, vom Auto in ihre Wohnung getragen. Ich glaube das Messer kommt von da.